Muhanad Al-Halak

„Die praktische Sichtweise fehlt in vielen Dingen“

FRG. Für den Grafenauer Bundestagsabgeordneten Muhanad Al-Halak , der für die FDP erstmals den Wahlkreis Deggendorf vertritt, ging mit der Sommerpause das zweite Parlamentsjahr zu Ende. Anlass für die Heimatzeitung, zusammen mit ihm eine kurze Bilanz zu ziehen: „Ich konnte vor allem in Umweltfragen Kompetenz zeigen“, blickt er auf sein bisheriges Wirken zurück.

Halbzeit in Ihrer ersten Bundestagsperiode. Desillusioniert? Oder immer noch voller Tatendrang?
Al-Halak: Im Endeffekt immer noch voller Tatendrang, auch wenn sich mit der Wahl in den Bundestag mein Leben komplett auf den Kopf gestellt hat. Mein Ziel ist es, für die Menschen in der Region das Beste zu erreichen. Ich bekomme viele positive Rückmeldungen, dass mein Einsatz, den ich in Berlin und im Wahlkreis leiste, gesehen wird. Das gibt mir immer wieder einen Motivationsschub.

Was hat Sie am meisten enttäuscht?
Al-Halak: Enttäuscht hat mich, dass viele Themen so theoretisch abgehandelt werden. Ich merke in vielen Diskussionen, dass keine Praktiker am Werk sind. Ich bin überzeugt, viele Entscheidungen würden anders ausfallen, wenn Politikerinnen und Politiker mehr praktische Erfahrung mitbringen würden. 
Ich höre in meiner Fraktion inzwischen immer wieder: „Muhanad, gut dass du einen anderen Blickwinkel hast! Daran hätten wir jetzt gar nicht gedacht!“ Die praktische Sichtweise fehlt in vielen Dingen!

Worüber sind Sie am meisten stolz?
Al-Halak: Ich bin sehr glücklich und auch ein bisschen stolz, dass ich mich innerhalb kurzer Zeit eingearbeitet und positioniert habe. In meiner Fraktion werde ich als Fachmann in Umweltfragen geschätzt und meine Meinung in Migrationsfragen zählt. 

Was haben Sie konkret für die Region bewirkt?
Al-Halak: Ich habe erfolgreich dafür gekämpft, dass die kleine Wasserkraft weiter gefördert und Holz auch in Zukunft als erneuerbare Energieform anerkannt wird. Zu den Erfolgen zähle ich auch, dass es mir gelungen ist, in vielen Gesprächen Themen aufzugreifen, die Menschen auf den Nägeln brennen. 
Ich setze mich mit Leuten in kleiner Runde zusammen und höre mir an, was sie zu sagen haben: Mittelständische Unternehmer, die unter der Flut von Vorschriften leiden, Frauen, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen wollen und dafür entsprechende Krippen- und Kindergartenplätze bräuchten, Handwerker mit Nachwuchssorgen, Fachkräftemangel – es ist mir wichtig, den Menschen zu vermitteln, dass mir sie und ihre Sorgen wichtig sind und ich mich kümmere. 

Kritiker von Ihnen bezeichnen Sie oft als Vorzeige-Integrierten, der es nicht zuletzt deswegen bis in den Bundestag geschafft hat. Was erwidern Sie diesen?
Al-Halak: Ich hatte Glück, dass ich im Bayerischen Wald so gut aufgenommen wurde und mich Menschen wie mein Lehrer an der Hauptschule gefördert haben. Dazu hat bestimmt meine positive Lebenseinstellung beigetragen.
Ich habe das Glück, in allen Dingen das Positive zu sehen und das strahlt wieder zurück. Christian Lindner bin ich zufällig begegnet und meine Aussage „Ich möchte Deutschland etwas zurückgeben, weil ich hier freundlich aufgenommen wurde“ hat mir den Weg in die Politik geebnet.
Mit der FDP hatte ich Glück, weil ich mich mit liberalem Denken identifizieren kann. Die FDP hat mir, dem bodenständigen Handwerker, Chancen gegeben und ich habe sie genutzt. Ich würde sagen, das Gesamtpaket Al-Halak hat überzeugt. 
Wo sind die Schwerpunkte in der 2. Halbzeit?
Al-Halak: Ich möchte die Grundsteine in Richtung Umweltthemen weiter ausbauen, ein Bewusstsein vor allem für den Wert von Wasser schaffen. Ausreichend Wasser ist nicht nur wichtigste Grundlage unserer Daseinsvorsorge, es ist auch einer der Grundpfeiler unserer starken deutschen Industrie.
Ein Umdenken im Umgang mit dieser Ressource ist fundamental wichtig, wenn unser produzierendes Gewerbe auch künftig Rückgrat unseres Mittelstands bleiben soll. Die Klimakrise und die damit verbundenen Herausforderungen stehen auf meiner Agenda ganz weit oben. Wichtig ist mir außerdem, dass sich die Region in der Standortsuche nach einem atomaren Endlager positioniert und dafür alle notwendigen Informationen bekommt. 

Wie ist die Zusammenarbeit mit den regionalen MdBs?
Al-Halak: Ich arbeite mit allen gut zusammen, stehe mit Rita Hagl-Kehl und Thomas Erndl in engem Austausch. Das war mir von Anfang an sehr wichtig, denn wir wurden in den Bundestag gewählt, um das Beste für die
Menschen in unserem Wahlkreis zu erreichen. Dafür brauche ich die anderen und sie umgekehrt mich. 

Wissen Sie schon ob Sie sich in zwei Jahren zur Wiederwahl stellen werden? 
Al-Halak: Meine Wiederwahl habe ich momentan nicht im Fokus. Mir geht es darum, möglichst viele Menschen mit meiner Arbeit zu erreichen, sie mitzunehmen und ihnen zu zeigen, dass es sich lohnt, in der Politik mitzumischen.
Vor allem junge Leute will ich überzeugen, dass sich Mitmachen und Mitgestalten lohnen und dass es auch ein Handwerker in den Bundestag schaffen kann. Ich will mit meiner Arbeit überzeugen – alles andere wird sich ergeben. 

Die Fragen stellte Andreas Nigl